14. November: Infoveranstaltung – Mentoring Hervorragend investierte Zeit


Weingarten: Cross-Mentoring-Programm Bodensee-Oberschwaben: Kollegialer Austausch im Tandem

Es ist eine Jubiläumsrunde – und sie läuft besonders gut: In der 10. Runde des Cross-Mentoring-Programms der Region Bodensee-Oberschwaben starteten gleich zwei Durchgänge mit insgesamt zwölf engagierten Tandems. Jedes Team besteht aus einer erfahrenen Führungskraft als Mentor/in und einer Nachwuchskraft als Mentee. Im Interview erklären Martina Schmidt, Ricarda Bayer, Kerstin Hellwig und Renate Trell, was Cross-Mentoring ist, warum sie mitmachen und was es ihnen bringt.

Frau Bayer, Sie waren selbst langjährige Führungskraft und haben das Cross-Mentoring Programm der Region Bodensee-Oberschwaben im April 2012 gemeinsam mit der Kontaktstelle Frau und Beruf und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Ravensburg ins Leben gerufen. Was ist das Ziel von Mentoring und wie funktioniert es genau?
Frauen und Männer in Führungspositionen sollen individuell und praxisnah gefördert werden – das ist das Ziel von Mentoring. Deshalb unterstützen erfahrene Führungskräfte als Mentorinnen und Mentoren für ein Jahr lang Nachwuchskräfte, die so genannten Mentees, auf deren Karriereweg. Die beiden bilden ein Tandem, in dem der oder die Mentor/in sowohl fachliches Wissen als auch persönliche Erfahrungen an den oder die Mentee weitergibt. Beim Cross-Mentoring ist das Besondere, dass beide aus verschiedenen Unternehmen kommen. Dieser Austausch zwischen Firmen unterschiedlicher Größen und Branchen ermöglicht einen Blick über den firmeneigenen Tellerrand, von dem alle Beteiligten profitieren. Normalerweise gibt es solche Programme nur in Großstädten, doch im Gebiet Bodensee-Oberschwaben sitzen so viele interessante Firmen, dass wir Cross-Mentoring für die Region entwickelt haben.

Frau Schmidt, die Kontaktstelle Frau und Beruf Ravensburg – Bodensee-Oberschwaben ist Kooperationspartnerin in diesem Programm. Warum?
Wir sind von Anfang an dabei und unterstützen – zusammen mit der WiR- Wirtschafts- und Innovationsförderungsgesellschaft Landkreis Ravensburg mbH (WiR) – das Cross-Mentoring. Tipps für gutes Netzwerken und berufliche Frauenförderung sind unsere Kernaufgaben, es gibt ja leider immer noch sehr wenig Frauen in Führungspositionen. Da passt das Cross-Mentoring bestens in unser Portfolio – und der Erfolg gibt uns recht: Vor sieben Jahren hat das Programm mit vier Tandems angefangen, inzwischen machen wir pro Jahr zwei Durchgänge und kommen auf jeweils zwölf Tandems.

Frau Hellwig, Sie leiten bei Ravensburger die Abteilung Technischer Support Logistik und nehmen als Mentee am Cross-Mentoring teil. Wie kam es dazu?Durch einen Wechsel meiner Aufgaben: Bei Ravensburger arbeite ich inzwischen schon seit 19 Jahren, habe also jede Menge Berufserfahrung und kenne die Firma sehr gut. Nach 18 Jahren als Controllerin in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens bekam ich die Chance, Prozess- und Personalverantwortung zu übernehmen, und leite nun die Abteilung Technischer Support Logistik – ein Team von 14 Männern. Beim Wechsel machte mir mein Chef das Angebot, dass ich am Cross-Mentoring-Programm teilnehmen kann, und ich habe die Chance sehr gern genutzt. Und ich schätze es sehr, dass ich eine Frau als Mentorin habe, denn sonst habe ich überwiegend männliche Ratgeber.

Frau Trell, Sie waren bereits in ganz unterschiedlichen Brachen als Personalleiterin tätig – beispielsweise Pharma, Software, produzierende Unternehmen und Krankenhäuser – sind Mentorin der ersten Stunde und die Mentorin von Frau Hellwig. Was motiviert Sie?
Es macht mir unglaublich viel Spaß, jemanden bei seiner oder ihrer Entwicklung zu begleiten. Deshalb bringe ich mich jetzt schon seit sieben Jahren in das Cross-Mentoring-Programm ein und habe inzwischen sieben Mentees betreut, fünf Männer und zwei Frauen. Mit den beiden Frauen kam ich ein wenig schneller in Kontakt, so dass wir gleich in die Tiefe gehen konnten. Grundsätzlich ist natürlich jede/r Mentee anders, bringt andere Fragen und Herausforderungen mit – und so lerne auch ich immer wieder etwas Neues, bekomme mit, was andere bewegt und reflektiere über mein eigenes Führungsverhalten. Darüber hinaus ist über die Jahre ein wunderbares Netzwerk aus Mentorinnen, Mentoren und Mentees entstanden. Beim Cross-Mentoring machen lauter tolle und engagierte Menschen mit, und der Austausch in dieser Gruppe ist unglaublich wertvoll. Mentoring ist also in jedem Fall hervorragend investierte Zeit – eine Insel im Alltag.

Frau Bayer, wie stellen Sie die Tandems zusammen?
Die Tandembildung, das Matching ist ein sehr umfangreicher Prozess, bei dem verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Das Geschlecht spielt dabei übrigens eine weniger große Rolle, vielmehr geht es um Fragen wie: Welche Ziele und Herausforderungen hat die oder der Mentee? Welche Erwartung hat das Unternehmen? Welche fachlichen und menschlichen Kompetenzen eines Mentors bzw. einer Mentorin passen am besten dazu? Die Evaluationen zeigen, dass die Zufriedenheit mit dem Matching sehr hoch ist.

Frau Hellwig, wie sieht das bei Ihnen aus: Wie oft treffen Sie sich mit Ihrer Mentorin Renate Trell und wie läuft das Mentoring konkret ab?
Wir haben gleich bei unserem ersten Treffen Termine für das ganze Jahr abgemacht und sehen uns nun konsequent alle vier Wochen. Parallel dazu fanden neun Veranstaltungen für alle Teilnehmer/innen des Programms statt. Hier gab es jeweils zur Einführung einen Impulsvortrag und Input von Frau Bayer rund um das Thema Führung – von der Kommunikation im Team über einen Konflikt im Arbeitsalltag bis hin zur Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Danach haben wir dann in Kleingruppen und mit verschiedenen Methoden einzelne Themen vertieft. Mir selbst hat das Tool der kollegialen Fallberatung besonders gut gefallen. Hier bringt ein/e Mentee ein Thema ein, das sie oder er gerade aktuell in seinem Führungsalltag hat, die anderen hören zu, beraten und geben wertschätzende Rückmeldungen. In meinem eigenen Tandem haben wir vor allem zwei Themenbereiche besprochen, die ich zu Beginn definiert hatte: Wie kann ich die interne Kommunikation in meiner Abteilung verbessern? Wie tief muss ich mich selbst in die technischen Themen meiner Abteilung einarbeiten? Ich bin ja Betriebswirtin und leite nun eine technische Abteilung.

Frau Trell, Sie kommen aus einer anderen Branche mit einer anderen Unternehmenskultur. Wie können Sie Frau Hellwig dennoch beraten?
Führungsthemen sind eigentlich in allen Unternehmen ähnlich. Wie führe ich Mitarbeiter/innen? Was mache ich bei Konflikten? Wie bereite ich ein Mitarbeitergespräch vor? Wie gehe ich mit Stress um? Über all dieses Fragen können wir beim Cross-Mentoring in sehr vertrauensvoller Atmosphäre miteinander sprechen. Dabei ist es eher von Vorteil, dass Mentor/in und Mentee nicht aus dem gleichen Unternehmen kommen, denn es gibt keine hierarchischen Verquickungen und niemand muss sich profilieren.

Frau Hellwig, was hat Ihnen das Cross-Mentoring gebracht? Wie ist Ihre Bilanz nach einem Jahr?
Das Mentoring hat mir sehr viel gebracht. Es war bereichernd und klärend und es hat so manchen Prozess beschleunigt. Den einen oder anderen Punkt hätte ich mir vielleicht in fünf Jahren auch selbst angeeignet oder in einem Führungsseminar gelernt. Aber durch das Mentoring-Programm ist die Entwicklung viel nachhaltiger, weil wir immer im Gespräch sind und ich ständig am Ball bleibe. Tipps kann ich sofort umsetzen, und so wird alles direkt erlebbar, greifbar und erfahrbar.

Frau Bayer, Sie planen bereits die nächste Runde. Wann startet das neue Cross-Mentoring-Programm?                                                                                           Die nächsten beiden Durchgänge starten am 12. März 2020 und im Mai 2020. Am 14. November 2019 findet eine Infoveranstaltung in Weingarten statt, bei der auch einige Mentees und Mentor/innen von ihren Erfahrungen berichten werden. Wer als Mentor/in oder Mentee teilnehmen will, kann sich bereits jetzt anmelden. Frau Trell wird übrigens auch wieder als Mentorin dabei sein.

Frau Hellwig, wie sieht es mit Ihnen aus?
Im Moment mache ich erstmal nur Werbung für das Cross-Mentoring-Programm, berichte von meinen positiven Erfahrungen – und steige dann vielleicht in ein paar Jahren auch als Mentorin ein.

Mehr Infos zum Cross-Mentoring-Projekt:
https://www.ricarda-bayer.de

 

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