Literaturförderpreis der Stadt Meersburg geht an Laura Freudenthaler
Preisverleihung: Sonntag, 16. Mai 2021, 11:00 Uhr, Neues Schloss Meersburg
Droste-Preis 2021 an Katharina Hacker
Der Droste-Preis 2021 wird einer Autorin verliehen, die sensibel und zugleich konsequent mit unterschiedlichsten Varianten der Erzählprosa experimentiert. Katharina Hacker schreibt zarte, elegante Essays, Prosagedichte, Kinderbücher, kürzere und längere Romane, die sich durch vielfache Überlagerung von Erzählebenen und -stimmen auszeichnen. Der komplexe Vorstellungsraum, den diese Texte erwecken, verdankt sich der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Grenzüberschreitungen: Es geht um deutsche Unrechtsgeschichte, die unterschwellig das Leben der Nachgeborenen bestimmt, es geht um Erinnerungen, die verdrängt werden oder sich mit plötzlicher Macht ins Bewusstsein drängen, um geisterhafte Gespräche zwischen Toten und Lebenden, um die Risse in der bekannten ‚realen‘ Welt, durch die das Imaginäre, das Nichtgewusste, Gefürchtete und leidenschaftlich Ersehnte hervorbrechen kann.
Mit ihren fragilen Identitäten sind die Figuren aus Katharina Hackers Texten den Leser*innen der Gegenwart auf entlarvende Weise vertraut. Oft sind sie global und weltoffen und wirken doch auf überraschende Weise ortlos, verloren in den großen Städten Tel Aviv, London, Berlin und Paris. Der Kunstgriff der Erzählerin ist, ihnen ihre Konturen durch die Negation, durch gerade nicht Vorhandenes zu verleihen und Geschichten zu erfinden, in denen diese Figuren eine zentrale Stellung einnehmen, die sie gar nicht ausfüllen können. Das ist so bei dem sich in London verlierenden Paar Isabelle und Jakob aus „Die Habenichtse“, das ist so bei der jungen Berlinerin Sophie, die in „Eine Art Liebe“ mit dem Trauma eines Holocaustüberlebenden konfrontiert wird und seine Geschichte aufschreiben soll.
Es ist an der Zeit, die vielfältige Prosakunst einer Autorin zu würdigen, die nach dem großen Erfolg von „Die Habenichtse“ nicht mehr die ihr gebührende Aufmerksamkeit gewonnen hat. So wollen es die Statuten des Meersburger Droste-Preises. Mit Annette von Droste-Hülshoffs Werken verbindet die Texte von Katharina Hacker eine verhaltene, niemals laut auftrumpfende, dafür unterschwellig und nachhaltig wirkende Modernität. Beide Autorinnen sehen kritisch und mit intellektueller Schärfe auf ihre Zeit. Sie stellen sich den großen Themen, die in aller Munde sind, gleichsam von der Seite her: nämlich durch die Augen von Figuren, denen die Einsicht in die vom Plot präzise diagnostizierten Bedingungen ihres Handelns fehlt.
Leben und bisherige Auszeichnungen von Katharina Hacker
1967 in Frankfurt am Main geboren studierte Katharina Hacker ab 1986 Philosophie, Geschichte und Judaistik an der Universität Freiburg. 1990 wechselte sie an die Hebräische Universität Jerusalem parallel dazu arbeitete sie als Deutschlehrerin und an der School for Cultural Studies in Tel Aviv. Seit 1996 lebt sie als freie Autorin in Berlin.
1997 debütierte sie mit „Tel Aviv. Eine Stadterzählung“. Im Herbst 2006 wurde ihr Roman „Die Habenichtse“ mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Im Oktober 2013 trat sie dem Literarischen Beirat des digitalen Modellprojektes Fiktion bei. Am 28. April 2021 erscheint der Jugendroman „Alles, was passieren wird“ bei FISCHER Sauerländer.