Die Milleniumsgeneration – Erfolg in Bildung und Beruf?

Eine Analyse der Gehaltsdatenbank LIS weltweit zeigt: Vor 30 Jahren haben junge Erwachsene mehr für Privatkonsum ausgeben können als der Durchschnitt ihres Landes. Heute verdienen sie weniger als der Schnitt.

Der amerikanische Politikwissenschaftler Malcom Harris hat ein Buch über die jetzigen Berufsanfänger, die um die Jahrtausendwende geboren wurden, veröffentlicht. In einem Interview mit der ZEIT legte er seine Schlussfolgerungen dar.
Das gängige Klischee heißt: „Die Ich-Ich-Ich-Generation“. Diese „Millennials“ kleben an ihren Smartphones und machen Selfies. Zum einen heißt es, sie sind faule Narzissten, die immer noch bei ihren Eltern wohnen und zum anderen, sie haben die hohen Ansprüche, die man an sie stellt verinnerlicht und sind sehr leistungsorientiert und zielstrebig auf den persönlichen Erfolg ausgerichtet.
Tatsache ist, dass mehr 20 Prozent junger Menschen in den Industrienationen unter prekären Verhältnissen leben. Zu wenig wird darüber geredet, dass mehr junge Menschen Medikamente gegen Depressionen und Angststörungen nehmen als jemals zuvor. Nicht erst die Smartphones haben die jungen Menschen verändert. Die Entwicklung begann in den siebziger Jahren: zum Beispiel durch die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und die Schwächung von Gewerkschaften.
Die Millennials werden als unsere menschliche Kapitalanlage gehandelt (sie sollen ja letztlich auch die Rente der vorhergehenden Generation finanzieren): Von keiner Generation zuvor wurde derart erwartet, von früh an ihr „Humankapital“ zu mehren. Junge Menschen und ihre Eltern müssen heute viel mehr Geld, Zeit und Anstrengung in ihre Ausbildung stecken als früher.
Dass Menschen mit einer guten Ausbildung bessere Karten auf dem Arbeitsmarkt haben, ist nicht neu. Aber die Einsätze sind heute viel höher. Die Ungleichheit ist größer und mit ihr die Konsequenzen, auf der falschen Seite der Schere zu landen. In den sechziger Jahren konnten Menschen auch ohne ein Studium sicher sein, einen Job zu bekommen und genug Geld zu verdienen.
Das Versprechen, mit dem man Menschen an die Uni lockte, war: Ihr werdet es besser haben als alle Generationen vor euch, wenn ihr euch in der Schule und in der Uni anstrengt. Aber es stimmte einfach nicht. Wir arbeiten mehr, bevor wir überhaupt in den Job starten: In den USA verbrachten Kinder Anfang der nuller Jahre dreimal mehr Zeit mit Hausaufgaben als in den achtziger Jahren. Aber später, auf dem Arbeitsmarkt, zahlt sich diese Extraarbeit nicht aus. Der heutige durchschnittliche Berufsanfänger verdient im Vergleich weniger Geld als vor 30 Jahren – trotz des höheren Anteils an Studierten. Wissenschaftler der FU Berlin haben herausgefunden, dass Berufsanfänger in den neunziger Jahren etwa so viel Geld hatten wie der Durchschnittsdeutsche. Heute haben sie 25 Prozent weniger als der Schnitt. Aber, Schulabgänger ohne eine qualifizierende Berufsausbildung haben heutzutage so gut wie keine Chance mehr auf eine Anstellung.
Daraus resultiert auch ein anderes Phänomen unserer Zeit: Helikoptereltern. Oft verunglimpft, sie hätten einfach zu viel Zeit und Geld, die sie dann eben in ihr Kind stecken und damit allen Beteiligten das Leben schwer machen. Das kommt auch vor, aber oft haben die Eltern keine Wahl. Ein System, das Kinder wie menschliche Kapitalanlagen behandelt, zwingt Eltern, Erziehung als „Risikomanagement“ zu betreiben. Die Angst, dass das Kind scheitert, ist groß. Für viele Mütter ist es ein aufreibender Zweitjob, ihren Kindern den besten Start zu ermöglichen. Es gilt nicht mehr wie früher, wo Unternehmen, wenn sie Fachkräfte haben wollten, sie in die Bildung ihrer Mitarbeiter investieren mussten. Heute ist jeder angehalten, sich zur perfekten Fachkraft auszubilden. Ein Indiz hierfür sind auch die unzähligen hoch spezialisierten Bachelorstudiengänge (Beispiel: „Urbanes Pflanzen- und Freiraummanagement“).
Harris Schlussbemerkung: „Wenn junge Menschen wirklich schlau sind, werden sie das System ändern. Die Art und Weise, wie es jetzt funktioniert, ist nicht in ihrem Interesse – und auch nicht im Interesse der meisten Menschen. Ja, das Bruttoinlandsprodukt wächst in den meisten Ländern jedes Jahr. Aber ich glaube, wir können damit nicht messen, wie glücklich Menschen sind.“

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