Noch bis 22. Januar im Kunsthaus Bregenz: Anna Boghiguian (1946 in Kairo geboren) ist eine ägyptisch-kanadische Künstlerin armenischer Herkunft. Sie studierte bis 1969 Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaft an der American University in Kairo. Anschließend folgte ein Studium der Bildenden Kunst und Musik an der Concordia University in Montreal und mehrere Jahre des Reisens. Seit 2010 arbeitet sie an dreidimensionalen Settings, die sie wie Bühnenbilder in Szene setzt. Anna Boghiguian hat mehrere Bücher illustriert, darunter einen Lyrikband von Konstantinos P. Kavafis oder Buchumschläge für den Literatur-Nobelpreisträger Naguib Mahfouz.
Anna Boghiguian malt politische Protestbewegungen. Es geht um Knechtschaft und Aufstand, um Tyrannei und Freiheitsdrang, um Führung und Befreiung. Boghiguian, die 2015 auf der Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde, hat armenische Wurzeln und wuchs in Kairo auf, wo die Künstlerin heute wieder lebt. Ihre Themen sind Politik und Gesellschaft, Geschichte und Literatur. Boghiguian ist eine politisch interessierte und philosophisch inspirierte Erzählerin, die Vergangenheit und Gegenwart verknüpft. Für ihre KUB Ausstellung beschäftigte sich Boghiguian mit den revolutionären Umwälzungen in Frankreich und den Vereinigten Staaten des 18. Jahrhunderts, mit der Geschichte der Sowjetunion, Nazideutschlands, Österreichs und Ägyptens. Die Werke wurden speziell für die Ausstellung im Kunsthaus Bregenz gefertigt. Während eines mehrwöchigen Arbeitsaufenthalts in Bregenz widmete sich Boghiguian historischen Recherchen. In den Räumen des benachbarten Postgebäudes fertigte sie zahlreiche Notizen und Zeichnungen an. Eine Auswahl findet sich ebenso in der Bespielung der KUB Billboards wieder.
Mehrere Segel sind im Foyer gespannt. Die farbigen Leinen sind mit Zeichnungen im Rapport bedruckt. Der Siebdruck zeigt eine Gruppe von Menschen, die dicht gedrängt auf einer Kundgebung marschieren. Sie sind, altägyptischen Darstellungen ähnlich, mit großen Augen gezeichnet. Eine der Personen schlägt eine Trommel, eine andere, weiter vorne, trägt eine Fahne.
Im ersten Obergeschoss werden lebensgroße ausgeschnittene Figuren auf einem verspiegelten Schachbrett ausgestellt. Ihre Vorderseiten bemalte Boghiguian mit Wachsfarbe. Die Idee für dieses Ensemble namens The Chess Gameentwickelte die Künstlerin für KUB in Venedig im Frühjahr 2022.
Im zweiten Obergeschoss sind über hundert Zeichnungen ausgestellt, die Boghiguian im Vorfeld der Ausstellung anfertigte. Einige zeigen Heims Unterkunft in Kairo, andere entstanden auf Recherchereisen in Berlin, wo Heim ein Zinshaus besaß, weitere während eines Aufenthalts in Frankreich.
Im obersten Geschoss befindet sich eine kreisrunde, verspiegelte Plattform. Eine Diskokugel taucht den Raum in wechselndes, farbiges Licht. An der Decke hängt das Modell einer Guillotine – ein Instrument staatlichen Tötens, das an den elektrischen Stuhl in Andy Warhols Siebdruckserie erinnert.