Fünf Frauen plus fünf Männer gleich zehn Paare: Die Musicbanda Franui bringt am 15. August Schnitzlers Reigen zu den Bregenzer Festspielen – gele- sen von Regina Fritsch und Sven-Eric Bechtolf, mit Musik von Franz Schubert bis John Cage.
„Vollkommen undruckbar“ sei sein Reigen, konstatierte Arthur Schnitzler bereits bei der Fertigstellung 1897. In zehn erotischen Dialogen formieren sich Paar- konstellationen quer durch sämtliche Gesellschaftsschichten – im Beischlaf sind alle Menschen gleich, von der Dirne bis zum Graf und wieder zurück, Doppel- moral hin oder her. Der Skandal wurde groß: Erwartungsgemäß belegte die Zensur den Reigen mit zahlreichen Verboten, und als die ersten Aufführungen ganze 23 Jahre später zu Saalschlachten, Gerichtsprozessen und Stinkbomben führten, verbot Schnitzler ihn schließlich selbst.
Ein Stück wie gemacht für die Musicbanda Franui, die regelmäßig mit außerge- wöhnlichen Musiktheaterproduktionen für Furore sorgt. »Da fallen einem tau- send Sachen ein!«, bestätigt Andreas Schett, Leiter des zehnköpfigen Ensembles. »Aus dem Text ergeben sich unglaublich tolle musikalische Milieus.«
Gemeinsam mit Kontrabassist Markus Kraler hat er die typischen Szenerien und Charaktere des Wiener Fin de Siècle mit Motiven und Musikstücken un- terschiedlichster Komponisten ausgestattet – von Ludwig van Beethoven über Robert Schumann bis John Cage. Bearbeitet für die unverwechselbare Franui- Besetzung aus Bläsern, Streichern und Volksmusikinstrumenten wie Zither und Hackbrett erklingt alles im neuen Gewand: Franz Schubert wird im Prater als Karussellmusik gespielt, im Chambre séparée sorgt Eric Satie für romantische Stimmung. Giuseppe Verdi dient als Reminiszenz an längst vergangene Flitter- wochen in Venedig, und das böhmische Stubenmädchen wird von Gustav Mahler flankiert, der ebenfalls Exilböhme war. Musik und Text stellen sich gegenseitig in neue Kontexte, beide Seiten gewinnen.
Die Idee dazu entstand bereits 2005, als Franui bei der Ruhrtriennale eingela- den war – gemeinsam mit Sven-Eric Bechtolf, der Reigen zuvor am Burgtheater inszeniert hatte: »In der tristen Atmosphäre von Duisburg hat er uns immer auf- geheitert mit wunderbaren Reigen-Zitaten«, erzählt Andreas Schett mit einem Augenzwinkern. Bechtolf empfahl sich somit direkt als Sprecher für die männ- lichen Rollen, die Frauenfiguren liest Kammerschauspielerin und Trägerin des Alma-Seidler-Rings Regina Fritsch. »Eine Luxusbesetzung!«, schwärmt Schett. »Auch wenn man meint, dass man den Text schon kennt: Wenn die beiden ihn vorlesen, hat jeder Satz nochmal einen ganz anderen Widerhall.«
Durch die Reduktion auf zwei Schauspieler entsteht ein besonders intimes Melo- dram, bei dem der Fokus ganz auf dem gesprochenen Wort und seinem Zusam- menspiel mit der Musik liegt. Auch auf ein Bühnenbild wird bewusst verzichtet. »Es ist schön, wenn einfach nur zwölf Notenpulte auf der Bühne stehen. Da pas- siert dann alles im Kopf. Das ist Schnitzler pur!« Mit entsprechender Wirkung: »Die Leute lachen sich schief – und werden im nächsten Moment wieder bei der Gurgel gepackt.«
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