bis 20. Mai im Kunsthaus Bregenz:Ein Mann steigt aus einem Citroën 2CV. Er ist in Weiß gekleidet und vollständig mit weißer Dispersion bedeckt. Über seine Körpermitte verläuft eine schwarze Linie, die am rechten Fuß beginnt, sich über das Sakko des Mannes, Hals, Mund, Nase und Scheitel zieht, und auf der Körperrückseite an der linken Ferse endet.
Der Mann ist ein lebendes Bild, eine wandelnde Skulptur. Die schwarze Linie befleckt den Körper, teilt ihn und hält ihn zugleich wie eine Naht zusammen. Günter Brus beginnt seinen Wiener Spaziergang am 6. Juli 1965 auf dem Heldenplatz als bewegliches Mahnmal – als ein Untoter, der mit diesem Auftritt gegen das autoritäre Klima der Zeit protestiert. Schon nach kurzer Zeit wird er festgenommen und wegen Störung der öffentlichen Ordnung mit einer Geldstrafe belegt. Die Festnahme spiegelt die konservative Grundstimmung Nachkriegsösterreichs. Es kommt zu weiteren Aktionen, Selbstbemalung I + II, sowie zu den noch radikaleren Selbstverstümmelungen. Brus erprobt die Kunst am eigenen Körper.
Das Kunsthaus Bregenz präsentiert mit Günter Brus erstmals das Œuvre eines Wiener Aktionisten. Den Schwerpunkt bilden die fotografischen Aufzeichnungen seiner epochalen Aktionen und Performances sowie die informellen Malereien. Diese oft großformatigen Arbeiten zeichnen sich durch fahrige, wild gewordene Gesten aus. Die Malerei wird als aggressiver Akt wahrnehmbar, sie zeugt von Enthemmung, zuckender Zerrissenheit und einem Todestrieb, der an die Oberfläche drängt.