Der Bau.Hommage an Kafka ¬

12. Juni bis 25. September, Villa Rot: „Ich habe den Bau eingerichtet und er scheint wohlgelungen.“ Mit diesem Satz beginnt Franz Kafkas Erzählung „Der Bau“ von 1923/24. Im Verlauf dieser unvollendet gebliebenen Geschichte nimmt uns der Ich-Erzähler mit auf eine Reise durch ein System höhlenartiger Gänge und Plätze. Diese erscheinen mitunter als Orte der Zuflucht oder wirken als potenzielle Gefahrenstätte. „Der Bau“ kann somit Rückzugsort und Bedrohung zugleich sein.

Die Ausstellung bildet genau dieses Wechselspiel ab. Ihre Räume sind mal inhaltlich aufeinander bezogen, mal in der Aussage völlig eigenständig. Immer aber sind sie durch die Mehrdeutigkeit gekennzeichnet, die wir den meisten der von uns genutzten Räume zuweisen: Die Schule kann als eine Umgebung des vergnügten Lernens, aber auch der Unterordnung oder Zurechtweisung wahrgenommen werden; das Fußballstadion ist nicht nur ein Ort der freudigen Ekstase, sondern auch der negativen Gefühlsausbrüche bis hin zur Gewalt; der Uterus bildet zunächst eine Hülle, die uns neun Monate hindurch nährt, wärmt, heranreifen lässt, um uns dann aber auf umso brutalere Weise in die kalte Welt zu entlassen. Die in der Ausstellung gezeigten Räume sollen nicht nur eine Gefühlslage zwischen Gemütlichkeit und Beklemmung hervorrufen. Sie laden uns auch ein, über zentrale gesellschaftliche Fragen nachzudenken: Wie leben wir zusammen? Und auf welche Weise können wir Räume, Plätze und Orte so gestalten, dass sie echte Begegnungen ermöglichen? Vor dem Hintergrund einer immer tiefgreifenderen Digitalisierung will die Ausstellung auch dazu einladen, über die unterschiedlichen Qualitäten von analogen und digitalen Räumen nachzudenken. Mit Kafkas Erzählung können wir also gesamtgesellschaftlich relevante Fragen aufgreifen und vielleicht auch ganz neu stellen. Die Antworten werden auf Grund individueller Erfahrungen sehr unterschiedlich ausfallen.Die spannende Frage, ob wir die Räume, die wir uns einrichten, auch die sozialen oder politischen, als beklemmend oder wohlgelungen empfinden, führt uns wiederum zu Kafkas Einleitung zurück – und damit direkt in sein höhlenartiges Labyrinth.

Mit Werken folgender Künstler*innen

Ai Weiwei Darren Almond Sarah Ambrosi /

Thomas Demand Stefan Färber Markus Haltmayr /

Eva Hocke Grégoire Korganow Grischa Lichtenberger /

Christoph & Sebastian Mügge Thomas Rentmeister/

Gregor Schneider Paul Valentin